Europawahl 2024 in Österreich: Medienberichte , Umfragen , Nichtwähler
 

Nichtwähler & Europawahl:

Definition: Nichtwähler sind Wahlberechtigte, die ihr Wahlrecht nicht in Anspruch nehmen.
Bei der (EU-)"Europawahl" 2019 in Österreich gab es 40,2% Nichtwähler & Nichtwählerinnen !!! D.h. die Nichtwähler wären die stärkste Fraktion gewesen, wenn diese berücksichtigt worden wären.

Ist eine höhere Wahlbeteiligung möglich?
    Antwort: JA !
Wie?
    Antwort: Wenn das politische Angebot größer wird und die mediale Berichterstattung besser wird.



1. Die vier große Gruppen an Nichtwählern
2. Typologie der Nichtwähler
3. Gründe für´s Nichtwählen
4. Wie man die Wahlbeteiligung wieder heben könnte
5. Gültigkeit des Wahlergebnisses bei geringer Wahlbeteiligung
6. Was die Nicht-Wähler meistens vergessen oder ignorieren
7. Nichtwähler bei der EU-Wahl 2014
8. Mehr Infos über´s Nichtwählen

1. Die vier große Gruppen an Nichtwählern:

a) die Faulen,
Den Faulen ist ihre Freizeit wichtiger, als zur Wahl zu gehen. Die Faulen vermeiden alle unnötigen Wege, wo immer es geht.
Der Sonntag ist für die Faulen gut geeignet wieder einmal die Hausarbeit zu erledigen.
Die Faulen manchen am Wahlsonntag lieber ein verlängertes Sonntagsschläfchen oder eventuell einen kleinen Ausflug, als zum Wahllokal zu gehen.
Die noch Fauleren schauen sich am Sonntag ein Video von der Wohnzimmer-Couch an oder surfen im Internet.
Die Faulen sind auch zu faul darüber nachzudenken, ob Wählen bei der EU-Wahl einen Sinn macht und wenn doch ausfindig zu machen, welche Partei das bessere Wahlprogramm hätte.
b) die Frustrierten,
denen die ganzen Parteien & Parteiapparate & gebrochene Wahlversprechen fürchterlich am Nerv gehen. Sie fühlen sich von keiner Partei verstanden und vertreten. Die Frustrierten wollen kein blödes Stimmvieh abgeben. Sie verweigern aktiv die Teilnahme an Wahlen und würden lieber Sachthemen per Volksabstimmungen entscheiden, als diese indirekt über sogenannte "Volksvertreter" entscheiden zu lassen, die sie oft nicht vertreten. Das Wort "Brüssel" alleine schon frustriert die Frustierten noch mehr. Von "Gurkenkrümmung" bis "Glühbirnenverbot", von halbjährlicher "Uhrenumstellerei" auf / von Sommerzeit bis "Pommes-Frites-Verordnung" reicht das Frustpotenzial.
c) die Unentschlossenen:
Die Unentschlossenen würden zwar gerne Wählen, wissen aber nicht welche Partei.
Diese Gruppe an Nichtwählern könnte durch neue Parteien wieder zu den Wahlurnen geführt werden. Leider unterbinden die bisherigen Parlamentsparteien ein Wahlsystem, wo neue Parteien ohne viel Startkapital mitmachen könnten. Dazu müßte das Sammeln von Unterstützungserklärungen vereinfacht werden und der Druckkostenbeitrag für Stimmzettel entfallen. Weiters sollte jede Partei das gleiche Startkapital vom Staat bekommen, um faire Ausgangsbedingungen zu schaffen.
d) die Verweigerer:
Den Verweigeren ist die EU ein Graus.
Sie hoffen, durch Fernbleiben bei der Wahl die EU abschaffen zu können (was bekanntlich nicht der Fall ist).

2. Eine kleine Typologie der Nichtwähler 
(Ö1 Diagonal, 14. Sept 2013, 17:05 Uhr)

zusammengestellt Stefan Kappacher:
* strukturelle Nichtwähler: demente Personen; gebrechliche Leute; Migranten die noch nicht interessiert sind; weniger Vereine und Familien die andere Leuten mitziehen würde; Leute die kaum gesellschaftlichen Kontakt haben Qu.: Christoph Hofinger SORA-Institut
* Nichtwähler wider Willen: Personen, die kurzfristig erkrankt sind oder verreisen müssen oder deren Stimmzettel zu spät einlangt. Darunter fallen auch die "unechten Nichtwähler": Das sind Menschen, die zwischen Erstellung des Wählerverzeichnisses und dem Wahltag verstorben sind.
* Dauernichtwähler: Das sind die nicht interessierten Nichtwähler. Sie haben das Gefühl, das die Politik nichts für sie macht.
* abgeklärte Nichtwähler: Die Entscheidungen fallen sowieso und ich muß sie daher nicht beeinflussen.
* informierte Nichtwähler: Personen, die am politischen Leben Interesse haben, die sich aber nicht für eine Partei entscheiden können.
* wählende Nichtwähler: Das sind die ungültig Wähler. Sie können dadurch auch die Wahl geringfügig beeinflussen.
* rechtlose Nichtwähler: Das sind Nichtwähler, da sie nicht wahlberechtigt sind. Das sind, z.B.: Menschen mit ausländischem Pass, die zwar in Österreich leben, aber nicht Wählen dürfen, sowie die nicht wahlberechtigten österreichischen Kinder bis zum Wahlalter.

3. Gründe für´s Nichtwählen / Was die Nichtwähler meinen:

* 50% meinen, Politikern ginge es "doch nur um die eigene Karriere".
* 45% meinen: "Die Politiker haben kein Ohr mehr für die Sorgen der kleinen Leute."
* 32% "Ich bin mit dem ganzen politischen System so unzufrieden, dass ich nicht zur Wahl gehe."
* 25% meinen, die Parteiprogramme seien wenig ansprechend
* 22% meinen, keine Partei vertrete ihre Interessen
* 21% meinen, dass man "mit seiner Stimme ohnehin nichts bewirken kann".
* 20% sagen die Kandidaten nicht zu
* 19% meinen, die Parteien unterschieden sich zu wenig voneinander.
* 11% gehen wegen Krankheit oder Urlaub nicht zur Wahl
*   5% können sich einfach nicht zwischen den Parteien entscheiden
* Nur sehr wenige der (gelegentlichen) Nichtwähler geben an, dass sie aus organisatorischen Gründen - also wegen schlechter Erreichbarkeit des Wahllokals oder wegen des Wahlsystems - nicht wählen,
ganzer Artikel => Der Standard vom 21. Juli 2013

4. Wie man die Wahlbeteiligung wieder heben könnte:

* mehr Parteien am Stimmzettel zulassen, damit auch das Angebot / die Auswahl für die Wähler größer wird.
* Zweitstimme: für die zweitbeste Alternative, ev mit halben Stimmengewicht
* Familienstimmrecht: Eltern könnten dann auch für ihre Kinder wählen gehen.
* Negativstimme: die man für Parteien vergeben könnte, die man gar nicht will
* Strafen für´s Nichtwählen: z.B. in Form einer Demokratieabgabe oder eines Beitrages für politische Bildung.

5. Gültigkeit des Wahlergebnisses bei geringer Wahlbeteiligung:

Die Europawahl / EU-Wahl  bleibt nach österreichischem Wahlrecht auch dann gültig, wenn weniger als 50% der Wahlberechtigten wählen gehen.
Theoretisch ist die Wahl auch dann gültig wenn es nur eine einzige gültige Stimme gibt. Diese dann so gewählte Partei hätte dann 100% der Mandate, somit 18 EU-Abgeordnete !!! Der Vertretungsauftrag der gewählten Partei oder Person durch das Volk wäre dann aber dahin. Die so gewählte Partei müßte dann nämlich eingestehen, dass sie nur eine einzige Person bzw x Personen vertritt und nicht das österreichische Volk.

Exkurs "Legitimation": (Lex, legis ... das Gesetz, wie der Lateiner sagt.)
Was wird durch die Wähler mit ihrer gültigen Stimmabgabe bei der EU-Wahl legitimiert (gesetzlich festgelegt)?
     Antwort: Die Parteien und Vertreter der EU-Mitgliedsländer im EU-Parlament.
Nicht legitimiert (gesetzlich festgelegt) wird hingegen die EU als solches bzw. das EU-Parlament, ganz gleich wie niedrig die Wahlbeteiligung ist. Die Gesetzesgrundlage von EU und EU-Parlament sind die EU-Verträge. Diese EU-Verträge stehen bei der EU-Wahl nicht zur Disposition bzw. nicht zur Abwahl.
D.h. man kann durch einen Wahlboykott keine Abwahl oder Auflösung der EU erreichen !!!
Beispielsweise gibt es bei AK-Wahlen und WKO-Wahlen auch Wahlbeteiligungen von unter 30%. Wegen dem wurden diese Gesellschaften auch noch nicht aufgelöst.
Somit macht es Sinn "die beste Alternative" bzw "das kleinste Übel" zu wählen, um "das größte Übel" zu verhindern.

Das Korrektiv zu unfairen und nicht-repräsentativen Wahlergebnissen und Regierungsformen sind dann Großkundgebungen. Diese führten schon oft zu politischen Umstürzen z.B. in Ostdeutschland. Im Extremfall gibt es dann sogar Aufstände (Bauernaufstände in Österreich), Revolutionen (Frankreich, Tunesien, Libyen) und Bürgerkrieg (Ägypten, Syrien).

Die Grundregel ist also: Je höher die Wahlbeteiligung, desto höher ist auch die Aussagekraft des Wahlergebnisses und desto stabiler ist das Ergebnis. Bei einer niedrigen Wahlbeteiligung ist das Ergebnis sehr instabil und kann bei der nächsten Wahl schon wieder ganz anders aussehen.

6. Was die Nicht-Wähler meistens vergessen oder ignorieren:

* Mit der Teilnahme an einer Wahl anerkennt man die Demokratie als Herrschaftsform. Andernfalls bekommt ein Volk eine Diktatur oder ein absolutistisches Königshaus oder Chaos durch Anarchie. In allen diesen Fällen gibt es dann keinen wirklichen Rechtsstaat mehr. Dann herrschen Willkür, Gewalt und Korruption in einem noch sehr viel größerem Ausmaß, als in einer Demokratie bzw. Scheindemokratie, wie die EU eine ist..
* Der stärkste Protest eines Wahlberechtigten ist es, eine gültige Stimme für eine Protestpartei abzugeben. Das bringt der Protestpartei Mandate und Geld in Form von Parteiförderung. Damit kann die Protestpartei effektiven Widerstand leisten und sogar für positive Dinge werben.
*  Jede zusätzliche gültige Stimme für eine neue Partei oder eine bisherige Oppositionspartei stärkt die Opposition und schwächt das bisherige Macht- und Unterdrückungssystem.
(Die Frage ist aktuell nur, ob es z.B. unter der FPÖ oder Grüne besser wäre. Dort wo FPÖ oder Grüne bisher mitregierten, gab es noch NIE eine Volksabstimmung !!! Man müßte also andere Protestparteien wie z.B. die Christliche Partei Österreichs, EU-Austrittspartei, Männerpartei oder Piratenpartei wählen.

Die Alternative zum Nicht-Wahlen ist die Abgabe einer ungültigen Stimme.
Damit zeigen Sie, dass Ihnen Demokratie wichtig ist, Sie aber mit dem Angebot an Parteien am Stimmzettel unzufrieden sind.



7. Nichtwähler bei der EU-Wahl 2014:


Bei der EU-Wahl 2014 in Österreich gab es 3,5 Millionen Nichtwähler & Nichtwählerinnen !!!
D.h. 55% der Wahlberechtigten blieben der Wahl fern.
Warum das so ist?
Weil Österreich das einzige EU-Land ist, in dem z.B. Jugendliche bereits ab 16 Jahren wählen können. Die Jugendlichen interessiert die EU aber noch weniger, als ihre Eltern und Großeltern und so ist die Wahlbeteiligung in Österreich noch niedrigerin, als in den meisten anderen EU-Ländern.

Ist eine höhere Wahlbeteiligung möglich?
JA !
Wenn das politische Angebot größer wird und die mediale Berichterstattung besser wird.
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ÖGfE-Umfrage über die Nichtwähler bei der EU-Wahl 2014:
...Die Motive der Nicht-WählerInnen bei den Europawahlen sind ebenso vielfältig: kein Vertrauen in die Politik (60 Prozent), Protestverhalten (51 Prozent), gefolgt von "Österreich hat in der EU nichts zu sagen" (47 Prozent). Nur eine Minderheit nahm aus Desinteresse (21 Prozent) oder "Unwichtigkeit der Europawahlen" (20 Prozent) nicht teil.
Die Gründe der Nichtteilnahme divergieren kaum zwischen den ParteianhängerInnen. Der größte Anteil an EU-Wahlenthaltungen fand sich unter traditionellen FPÖ-WählerInnen. Sie sind vergleichsweise stärker davon überzeugt, dass ihre Stimme bedeutungslos sei. ...
   Die Umfrage wurde Ende Mai 2014 im Auftrag der ÖGfE und AUTNES von TNS Opinion online durchgeführt Dieselben 1222 Personen, die im Kontext der Nationalratswahlen 2013 an einer Umfrage teilnahmen, wurden im Mai 2014 zu den Europawahlen wieder befragt. Schwankungsbreiten liegen in etwa bei +/- 2,8 Prozent.
Qu: Presseaussendung der Österreichische Gesellschaft für Europapolitik vom 23.7.2014



8. Mehr Infos über´s Nichtwählen:


Der Wahnsinn des Nichtwählens
=> Blog von Ulrich Lintl

Die Angst der Nichtwähler, ausgespäht zu werden:
... Wir haben vor nicht allzu langer Zeit ein Projekt gemacht, bei dem wir versucht haben, diese 60 Prozent Nichtbeantworter durch allerlei Tricks zu erreichen: Seelenmassage, kürzere Fragebögen, wiederholtes Ansprechen per Post oder Telefon, besondere Gestaltung der Anschreiben. Früher haben wir Fünf-Euro-Telefonkarten beigelegt und konnten damit die Teilnahmequote tatsächlich steigern. In diesem Projekt haben wir denen, die nicht antworten wollten, sogar 50 Euro bar auf die Hand angeboten. ... Es gibt 30%, die möglicherweise noch nie von einer Umfrage erfasst wurden in den letzten Jahren.
=> Die Welt vom 20.9.2013
 


Kommentare der Nichtwähler & EU-Wahl 2019

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Systemkritische Nichtwähler ergänzen!
Sie könnten in Ihrer Aufzählung auch die systemkritischen Nichtwähler reinnehmen.
     Ich etwa finde, dass jede Partei verschiedene Bereiche meiner Interessen besser vertritt als die anderen. Ich würde also am liebsten jede von ihnen wählen, und nach meinem Willen sollten alle im Parlament in einer Art ganz großer Koalition zusammenarbeiten. (Um Machtmissbrauch zu vermeiden, müsste die Kontrolle dann extern erfolgen.)
     Auch finde ich die politische Debatte und Rhetorik extrem unästhetisch und nervtötend, die ganze Polemik müsste wegfallen, und das ginge nur, wenn alle zusammenarbeiten würden, aber das tun sie nicht, weil sie im derzeitigen System um die Stimmen konkurrieren.
     Desweiteren finde ich es belustigend, dass anscheinend die Experten etwa im Wirtschaftsbereich sich uneinig über ganz grundlegende und wichtige Fragen sind, und dass man dann die Laien im Volk nach ihrer Meinung fragt, und diese oft sehr zufällige Entscheidung soll dann besser sein als die von Universitätsprofessoren und sonstigen Intelligenzbestien. (Das Problem hier ist natürlich, dass das Wirtschaftssystem so kompliziert ist, dass das menschliche Gehirn es gar nicht mehr verstehen kann, aber trotzdem würde ich diese Fragen lieber von Experten ausdiskutieren lassen anstatt sie dem Volk nach emotionsgeladenen Wahlkämpfen zur Abstimmung zu überlassen und dann dessen oft sehr fehlgeleiteten Entschluss als heilige Kuh unhinterfragt umzusetzen.)
     Meiner Auffassung nach ist die derzeitige Demokratie etwas Vorläufiges, sicher besser als die früheren Diktaturen und Monarchien, aber bei weitem nicht so gut, dass ich mich dafür engagieren möchte. Und am besten tut man eine solche Haltung eben kund, indem man gar nicht wählen geht.
     Es würde ja sowieso seltsam aussehen, wenn bei jeder Wahl immer 100 % hingehen, als ob wir ein Volk von braven Mitmachern sind, die von den Politikern hellauf begeistert wären.
     Und vermutlich gibt es zwei Entwicklungsmöglichkeiten, entweder in Richtung Expertentum, und da in Richtung immer stärkere Computerisierung. (In ein paar Jahren werden sie einen Computer von der Rechenkapazität eines menschlichen Gehirnes haben, das heißt, dass sie in ein paar Jahrzehnten einen Computer von der Rechenkapazität hunderter menschlicher Gehirne haben, ich hoffe doch sehr, dass eine derart dem Menschen überlegene Intelligenz unsere hochkomplexen Systeme besser schaukeln kann als wir.) (Wird man aber wahrscheinlich etwas diskutieren müssen, diesen Standpunkt, weil die meisten haben Angst vor der Weltherrschaft der Maschinen, und falsche Vorstellungen davon.)
     Die andere Richtung wäre durch Erfassen der öffentlichen Meinung, durch Abstimmung über Sachfragen, nicht durch Delegation dieser Abstimmungen an Parteien, oder durch Analysieren der Standpunkte der Menschen, etwa alles, was im Internet steht oder sonstwie in der öffentlichen Diskussion vorkommt.
     Oder natürlich eine Kombination der beiden.
Ich hoffe, Sie können mit meinen Gedanken etwas anfangen.
Mit freundlichen Grüßen
Erich L.        19. September 2013
 
 
 


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